2017/07/04

Platzgejammer

Es gibt ja so Tage. Ich fange nun zum vierten Mal mit diesem Text an. Zu Beginn wollte ich eine Jammer-Parole loslassen. Auf diese Wohnung, auf diese Enge, auf dieses Nicht-Genug-Haben.  Ja doch. Ich hatte wirklich Lust mir allen vermeintlichen Frust von der Seele zu schreiben.

Habe ich auch, zumindest angefangen. Um dann festzustellen - herrje, Mine! Was stellst du dich wieder an. Denk doch mal an deine Ukrainer. An das kleine Zimmer, dass sie zu Viert bezogen hatten. Oder an deine Familie in Kuba. Für uns rutschen sie zu Viert auf 90 cm Matratzenbreite zusammen. Wenn wir nicht da sind, verteilen sie sich auf 3 Betten in 2 Zimmern. Ohne Türen. Was willst du eigentlich? Oder denk doch mal an deine Arbeit. Ein ganzes Leben Erinnerungen geschaffen und dann bleibt nur ein kleines Zimmer, mit einem Schrank, im Doppelzimmer sogar nur eine Schrankhälfte, einem Bett mit Nachttisch, einem Tisch und einem Sideboard. Wenn man Glück hat darf der eigene Sessel noch mit aber dann wird es wirklich schon eng.
Also, jetzt reiß dich mal zusammen und hör auf über 78 qm zu jammern, die dir nicht aussreichen. Echt mal. Pure Luxusprobleme.

Aber leider sind diese Luxusprobleme Grundlage für gute und für schlechte Laune. Ein dunkles Kinderzimmer, ohne richtiges Tageslicht, zu klein um große Legobauten aufgebaut zu lassen. Ein Wohnzimmer, dass aus allen Nähten platzt weil es einfach das Zimmer für alles ist. Für jeden Papierkram, für jedes Bastelutensil, für Wäsche, für Bücher, für Leben.
Dann die Küche, die so stiefmütterlich von mir behandelt wird. Weil sie die Schwelle zum Schlafzimmer bedeutet. In dem der Herr von und zu tagsüber schläft, damit er dem Nachtschichtwahnsinn mit halbwegs wachem Geist entgegen kommen kann. Kein Topf geklapper. Kein Mixer. Kein Herdgepiepse. All' das versuche ich tatsächlich am Tag bestmöglich zu vermeiden. Inklusive Kindergetobe. Weder im Hof noch in der Wohnung ist das unter Tags nicht ohne weiteres möglich. Nervig aber eben nicht änderbar.

Ich finde es wirklich überheblich, auf so hohem Niveau zu jammern. Ehrlich. Allerdings macht es mich nicht zufriedner, wenn ich mir einrede, wie überheblich dieses Luxusgejammer ist. Ich mag den Fußboden der Wohnung nicht, ich mag die Raumaufteilung nur bedingt. Ich mag die Raumnutzung des Wohnzimmers nicht sonderlich und ich mag das Chaos nicht, dass hier sehr schnell die Oberhand bekommt. Ich fühle mich so oft wie im Hamsterrad. Kein Vorrankommen. Kein klares Ziel vor Augen. Ganz viele Vielleichts und Wenns und noch mehr Abers. Das ist so anstrengend. Zu wissen, man könnte es auch anders haben, es aber einfach nicht anders hinkriegt. Weil man es nicht besser kann, oder nicht besser strukturieren kann. Weil das Leben dazwischen kommt.

Dabei ist es nicht so, dass ich diese Wohnung hier von grundauf nicht mag. Nein. So ist es ganz und gar nicht. Eigentlich mag ich sie sogar sehr gern. Zentrumsnah, mit viel Grün drum herum. Kindergarten und Schule in unmittelbarer Nähe, ein Haus mit Geschichte. Aber eben überdeckt mit ganz viel Unschönem. Ausgerichtet auf eine Übergangslösung. Ja genau. Das ist es. Alles hier dient dem Übergang. So viel Herzblut wie wir in die Renovierung hineingesteckt haben, so wenig Seele von uns ist hier drin. Weil wir von Anfang an sagten, wir bleiben hier nicht für immer. Da richtet man sich nicht entgültig ein. Für den Übergang. Ich möchte endlich ankommen. Und zwar so richtig. Mit Garten und Liegestuhl. Gerne auch mit Hühnern und Hausschwein. Und Katze/n. Mindestens. Ich weiß genau, was ich gerne hätte.
Das wären zum einen ein Klavier. Zum anderen Platz für die Wäsche. Und dem ganzen anderen Krimskrams, der zum Leben gehört, aber nicht in den Wandschrank passt. Ich wünsche mir Platz im Kopf, nicht immer aufpassen zu müssen, dass man zu laut ist. Oder beim Fußballspielen die Blumen nicht abzuschießen. Ich wünsche mir mehr Lebensqualität.

Und letztlich weiß ich, dass die ganz allein an mir liegt. Meines Glückes Schmied und so ein Gedöns. Allerdings könnte ich ein bisschen Hilfe gebrauchen.

Deswegen: Liebes Universum, komm doch mal rum auf 'nen Kaffee und Kuchen. Wir müssen da echt mal reden. Das geht so nicht. Ich wäre jetzt wirklich bereit für's Traumhaus in Traumlage mit Traumaufteilung. Ehrlich. Da brauchst du gar nicht länger warten. Das Teewasser wird sonst noch kalt. Das wollen wir doch nicht.

Hach. Doch ein Jammerbeitrag geworden. Aber der musste wohl sein. Also raus damit!

Minensie