2016/08/01

Nachtgedanken #3

Liebe Frida,

es wird wieder Zeit für einen Brief. So vieles, dass mir durch den Kopf geht. So vieles, dass ich nicht zu Papier bringen kann. Frida, nimm' dir bitte einen Moment Zeit. Ich muss zunächst tiefst seufzen. Und klagen. Diese Welt macht mich so mürbe. Oder nein. Nicht diese Welt. Sondern jene, die darauf leben. Es kostet mich so unendlich Kraft, Tag für Tag Nachrichten zu hören, zu lesen oder gar zu sehen. Es schmerzt mich, von Menschen zu erfahren, die aus fehlgeleiteter Überzeugung, aus Wahn und Irrsinn anderen Menschen Leid zufügen. So grausames Leid. Es schmerzt so sehr, dass sich meine Haut an manchen Tagen ganz taub anfühlt. An diesen Tagen jedoch ist mir jedes Wort zu viel. Jedes. Egal ob ich es spreche oder ob es zu mir gesprochen wird.



Wie du dir sicherlich denken kannst, ist das bei zwei kleinen Weltentdeckern denkbar ungünstig. Mindestens einer davon entdeckt die Sprache gerade völlig neu für sich. Mit Gedankengängen die mein schmerzendes Gemüt kaum nachvollziehen kann. Nun habe ich schon im wachen Zustand kaum eine Chance, bei all den Ideen, Visionen und Vorstellungen dieser kleinen Köpfe mithalten zu können. Kannst du dir vorstellen, wie sprachlos ich diesen beiden wunderbaren Kindern gegenüber sitze? Ja! Kannst du! Ich kann dein Lachen bis hier her hören. Ich bin völlig außer Stande auch nur ein vernünftiges Argument entgegen zu bringen, wenn mich eine Idee einmal nicht so sehr überzeugt. Ich bin mundtot. Wegen Schockstarre. Oder so ähnlich. Wie mühselig!

Doch gerade diese Unbeschwertheit der Wuselzwerge lindert den Schmerz. Bringt mir das Leben wieder ein Stückchen näher.
Ich lache und liebe, nahezu jeden Augenblick. Sie sind noch so klein und dennoch haben sie es besser als die Meisten verstanden. Das Leben ist schön. Vollgestopft mit Abenteuern, beschrieben in hunderten von Büchern, die gelesen werden wollen, mit Stockbrot und Lagerfeuer, Nachbarskatzen und unzähligen guten Ideen, die ausprobiert werden müssen.

Frida, ich weiß nicht wie oder warum, aber meine Kinder haben ein so gefestigtes Urvertrauen in diese Welt, dass ich manchesmal weinen möchten. Vor Glück, diese zwei großartigen Charaktere begleiten zu dürfen.

Mein Vertrauen in die Menschen wächst nach einem so glücklichen Tag enorm. Mein Wille, für diese Freiheit und Unbeschwertheit zu kämpfen ebenso. Nicht mit Waffen und Gewalt. Sondern mit Offenheit, Neugierde, Respekt und ja, auch wenn es abgedroschen klingt, mit Liebe.

Irgendwo habe ich gelesen, dass die Antwort auf all diesen Hass nur Liebe sein kann. Und ich stimme dem zu. Hass ist so erschreckend da ihm eine Liebe vorrausgegangen sein muss. Trotzdem - nur wer liebt ist zum Hass fähig. Und somit ist jeder, der hasst zur Liebe fähig. Eine Tatsache, die als Chance zu verstehen ist. Hoffnung, die mich trägt.

Nur leichter wird mir nicht ums Herz. Wie ich es auch drehe und wende. Unsere Welt blutet aus vielen Wunden. Und so sehr ich mich auch bemühe, außer ein paar aufmunternden Worte und der Tatsache, ihr nicht von der Seite zu weichen, habe ich nicht viel anzubieten.

Oh Frida! Darauf einen Schlehenwein! Oder Zitronenlimonade und Buttermilchkuchen. Zum Mut bekommen und Mut weiter geben. Begleitest du mich ein Stück?

Bis Bald!

Mit Liebe!

Minensie

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