2016/01/20

|| Brief an meine Kinder ||




Meine zwei Herzensbrecher,

es tut mir leid. Das möchte ich euch zweien gleich zu Beginn sagen. Es tut mir wirklich leid. Das ihr so manchen Tag tränenreich beginnen müsst, weil ein  nicht greifbarer Terminkalender sagt, ich muss zur Arbeit. Ich weiß, die Tränen versiegen innerhalb weniger Minuten. Aber ich weiß nicht, ob ein Tag tatsächlich so beginnen sollte. Mit Verlustängsten, die ihr nicht benennen könnt. 

Es tut mir leid, dass mein Arbeitsrhythmus nicht der, des Kindergartens ist. Für euch gibt es keinen Unterschied ob Wochenende oder Wochentags. Für euch gibt es keine Regelmäßigkeit. Für euch kann eine Arbeitswoche sieben Tage lang sein. Oder keinen einzigen Tag. Ihr könnt euch auf nichts einstellen. Es gibt keinen Arbeitstag wie es einen Turn-Tag oder einen Mitbring-Tag im Kindergarten gibt. Es gibt nur eine sehr unregelmäßige Anordnung von Tagen, die im Kalender markiert sind. 

Es tut mir leid, euch immer wieder vor neue Herausforderungen zu stellen. Und ständigem Wechsel. Herr von und zu Zwergenpapa gibt da sein bestes, wenn er am Morgen meine Stellung einnimmt, aber es ist wirklich hart für euch, dass weiß ich. Das schmerzt mich. 

Ich weiß, dass gerade du, mein kleiner Miniwusel, besonders unter dieser nicht benennbaren Angst leidest. Deine Welt bricht zusammen, wenn der Kuss, denn ich dir zum Abschied gebe, ausversehen von deinem Ärmel weggewischt wurde. Du möchtest nicht aktzeptieren, wenn es heißt, ich muss gehen. Für dich scheinen das kleine Abschiede für Ewigkeiten zu sein. Das bricht mir immer wieder das Herz. 

Es tut mir ebenfalls leid, dass diese Verlustangst am Abend nicht zwingend aufhört. Dann, wenn der Papa sich verabschiedet und arbeiten geht. Wenn keine Zeit mehr für eine weitere Geschichte ist. Und das so ganz und gar nicht in eure kleinen Köpfe geht. Mittlerweile akzeptiert ihr es an den meisten Abenden. Und an jenen, an denen es euch Tränen kostet, weine ich innerlich mit. Was ihr in euren jungen Jahren alles lernen müsst. 

Es tut mir auch leid, dass der Satz, den ihr bisher am meisten gehört habt, lautet: "Nicht so laut, der Papa schläft!" Ihr müsst euch am Tage einschränken, ohne zu begreifen warum. Es ist so unwirklich, wenn es heißt, dass man am Tage schlafen muss. Das können sich viele Erwachsene schon nicht vorstellen, wie soll man es da von euch erwarten können. Und dennoch haltet ihr euch an dieses unausgesprochene Regel. Nicht immer akurat, aber man sieht in den Freien Tagen in aller Deutlichkeit, wie ihr sein könntet, wenn ihr laut sein dürftet, so wie ihr es wolltet. 

Allerdings tut es mir auch leid, dass ich diese Umstände nicht ändern will. Ich liebe euch von ganzem Herzen und möchte nur euer Bestes, dennoch möchte ich es nicht missen, ein Teil der Arbeitswelt zu sein. Ich glaube fest, dass mir dieser kleiner Abstand sehr viel mehr Geduld und Ruhe im Alltag mit euch bringt, als das ich sie ohne Arbeitswelt hätte. Ich freue mich so unglaublich nach einem Wochenenddienst nach Hause zu kommen, eure Plappergeschichten zu hören, eure leuchtenden Augen dabei zu sehen und zu wissen, es ist alles in Ordnung. Dieser Spagat kostet mich Kraft. Ebenso wie dem Herrn von und zu Zwergenpapa. Es kostet enorme Kraft. Und am Ende habe ich oft das Gefühl, ich werde niemanden gerecht. Euch nicht, die ihr immer wieder offensichtlich zeigt, dass ihr das ziemlich doof findet, wenn ich noch vor dem Morgengrauen aus dem Haus husche, noch meinem Arbeitgeber, dem ich bei weitem nicht mehr die Flexibilität bieten möchte, wie ich sie noch vor 6 Jahren geboten habe.
Das alles unter einen Hut zu bekommen, daran arbeiten wir tagtäglich. Und dafür möchte ich euch danken. Denn ihr arbeitet so unsagbar gut mit. Jede Träne trocknet so schnell und ihr findet euer Lachen wieder, ihr habt Spaß an dem was euch der Tag bietet und ihr freut euch so ehrlich und offen über die gemeinsame Zeit, wie es eben nur Kinder können. Ihr meistert das wunderbar. 

Ich wünsche mir und hoffe sehr, dass ihr an all dem wachsen könnt. Ohne das es euch klein hält. Ich hoffe inständig, dass wir euch die Gewissheit mitgeben können, dass am Ende alles in Ordnung ist, ihr niemals alleine seid und jeder von uns wieder nach Hause kommt. Bis dahin weine ich still, wenn ihr es tut und lache laut, wenn euch das  Lachen einholt. Ich liebe euch und bin dankbar für eure Liebe. Ihr seid mit Abstand die besten und einzigartigsten Kinder, die ich mir je gewünscht habe!

In Liebe

Eure Mama

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