2015/04/09

"Regretting Motherhood" oder andere -schaften die mich schaffen.

10.04.2015: Ein P.S. zu Beginn - nachdem ich heute noch einmal drüber gelesen habe, möchte ich nur kurz darauf hinweisen, dass, außer dem Titel, der folgende Text nicht wirklich viel mit dem eigentlichen Thema "Regretting Motherhood" zu tun hat. Bei ernsthaften Interesse an diesem Thema, bitte andere, wertvolle Beiträge lesen. Danke.

Ich lese gerade den vierten Blogeintrag zum Thema "Regretting Motherhood". Dafür, dass ich hinterm Mond lebe, kam dieses Thema nun doch zeitnah bei mir an. Ich lese vom Wunsch nach Freiheit, Alleinsein. Vom Nicht fürs Mutter gemacht sein. Und ich komme ins grübeln.

Ich bin überzeugt, dass ich nichtmal fürs Mensch-sein gemacht bin, warum also fürs Mutter sein? Ich bin ebenso gerne alleine. Ich hasse es ebenso, Absprache halten zu müssen, mich zu rechtfertigen, nicht selbstbestimmt zu sein usw. Genau aus diesem Grund komme ich zu dem Schluss - Menschsein ist nichts für mich. Für Gesellschaft. Partnerschaft. Freunschaft. Und was es nicht nicht alles sonst noch für -schaften gibt. Das ich es am Ende doch bin, zeigen mir die ganzen funktionierenden -schaften in meinem Leben. Die Lebensfreundschaft mit meiner Besten zum Beispiel. Oder 10 Jahre Absprache, sich zurücknehmen, Rücksicht und vorallem nicht allein sein. Mit meinem Mann. Man kann es auch Beziehung nennen. Seit 4 Jahren nennen wir es Ehe. Meine zwei Kinder sind dagegen ein echter Spaziergang. Bis jetzt. Mit meinen Kindern muss ich nicht tagtäglich 10 mal den gleichen Termin in 3 Tagen durchsprechen, nur damit in 3 Tagen genau dieser Termin dann vergessen wird. Meine Kinder haben da bisher wenig Auswahlmöglichkeiten, da ich sie schlichtweg lenke. Aber mein Mann, puh. Der ist vielleicht eine eigene Persönlichkeit. Mit dem kann man tagelang über den Sinn von Küchenrollenhaltern diskutieren (ich habe verloren, weil mir gewinnen ebenso unwichtig ist, wie alles verstehen zu müssen).
Mit dem Manne muss ich sogar absprechen, wann ich wo zum einkaufen gehe, denn er ist einfach zu verwirrt, wenn er von seinem Tagschlaf nach der Nachtschicht aufwacht, keiner zu Hause ist und KEIN Zettel oder keine Nachricht auf dem Handy für ihn bereit liegt/steht.
Urlaub planen ist mit ihm eine echte Herausforderung. Ich muss mich da zurück nehmen. Nur nach meinen Wünschen wäre ja irgendwie unfair. Nur nach seinen Wünschen aber auch. Und da ist es wieder. Die Absprache, das Rücksichtnehmen, das mitdenken für den anderen. Hab ich erwähnt, dass ich gerne alleine bin? Und mein eigenes Ding mache?
Ein weiterer Punkt, der mich schier in den Wahnsinn treibt - die Verantwortung für sein Wohl. Brote schmieren für sein Seelenheil, mit Senf und Gürkchen. Da fühlt er sich ehrlich geliebt. Das will ich ihm gerne vermitteln. Schließlich wird er auch ehrlich geliebt. Also von mir. Das Liebe aber so aufwendig ist, schlaucht mich manchmal ziemlich. An seinen Saft zum mischen denken, seinen Joghurth mit verdrehten Kulturen, sein Naschi, seine Hustenbonbons, seinen Tee, daran, Äpfel zu schälen, damit er keine Aphten bekommt usw. Alles Dinge, um die er mich nicht bittet, die er nicht vorraussetzt und die er auch nicht verlangt. Über die er sich aber freut. Und wenn sie einmal lächeln!
Vom Wesen her bin ich ein umsorgender Mensch. Große Schwester, Großfamilie, sozialer Beruf. Das fügt sich alles. Ich umsorge gerne. Ich mache gerne andere glücklich. Und ich stecke dafür zurück. Nicht gerne, aber ich tue es. Von Natur aus steckt jedoch keiner gern zurück. Das lernt man, behaupte ich.

Je mehr ich also darüber nachdenke, desto mehr komme ich zu dem Entschluss - ich bin für dieses Beziehungsding nicht gemacht. So rein theoretisch. Ich finde mich in fast allen Punkten von Frau Herzgespinst wieder. Somit ist das Muttersein so rein theoretisch auch nicht mein Ding. Praktisch ist es das. Genauso wie das mit der Beziehung. Und den ganzen anderen -schaften. Am Ende bin ich dann nämlich doch nicht gern permanent allein. Ich lache lieber in Gesellschaft, ich schaue Filme viel lieber mit jemanden den ich mag an und ich rede einfach viel zu gerne, als das das ewige alleinsein tatsächlich mein Ding wäre.

Somit kann ich sagen - ich liebe meinen Mann, ich möchte ihn definitiv nicht missen. Aber. Man kann es sich denken. Manchmal. Tja.
Das Ding mit der Ambivalenz.

Bezüglich meiner Kinder und der Mutterschaft und des Reuens kann ich nichts beisteuern. Ich reue nichts an ihnen, an meiner Verantwortung, meiner Aufgaben. Die kurzen Pausen, die ich mir zwischenrein immer wieder mal von allem wünsche, haben selten allein mit den Kindern und allem was am Kinder-Haben dran hängt zu tun. Wenn ich mich nach Pause sehne, dann nach einer Pause von der Welt. Die war mir schon immer zuviel. Ich komme mal mehr und mal minder gut mit ihr zurecht aber grundsätzlich ist sie mir einfach zu schnell. Sie könnte sich ruhig langsamer drehen. Anstatt in 24 Stunden gerne in 36 oder sonstwievielen Stunden um sich selbst. Hauptsache etwas langsamer.

Was mich viel mehr am Thema der "Regretting Motherhood" (dem Bereuen Mutter zu sein) wundert, ist, das es ein Tabu sein soll. Ich selbst arbeite hart an mir, um mich vor Vorurteilen anderen gegenüber zu mahnen. Keiner ist besser oder schlechter weil. Jeder ist Mensch. Das Frauen weniger Frauen sind, wenn sie keinen Kinderwunsch verfolgen, dass sie sich gesellschaftlichen Stigamtisierungen hingeben müssen, war mir lange Zeit überhaupt nicht bewusst. Wenn sich jemand negativ zum Mutter-Da-Sein äußert, so war ich stets der Meinung, dass das absolut legitim ist. Nicht jeder muss Kinder lieben, nicht jeder muss verrückt danach sein, eine Familie zu haben. Nicht jeder muss die Farbe Grün mögen. Oder Milchmädchen. Ich bin da ganz offen. Aber - und ja, hier kommt das Aber. Es ist tatsächlich ein Tabu. Eines, das mir so wirklich nicht bewusst war. Nicht jeder wird vom Mutterglück geküsst und nicht jeden durchströmt die Mutterliebe. Dieses rosarote Bild hat mir meine damalige Hebamme im Geburtstvorbereitungskurs sofort mit anderen Farben ausgemalt. Es ist ok, wenn es keinen Vulkanausbruch von Glücksgefühlen gibt, sobald man sein eigenes Kind im Arm hält. Manche wachsen in die Rolle, manche übernehmen sie. Manche sind ab der ersten Zellteilung absolut Eins geworden mit dieser neuen Rollen. Und keiner ist deswegen ein besserer oder schlechterer Elternteil. Das war bisher für mich so selbstverständlich, dass ich jetzt doch etwas stocke. Aber gut. Ich sagte ja schon. Ich bin für das Gesellschaftsding im Grunde nicht ausgelegt. Für die Absprachen mit anderen, um mich Meinungen anzuschließen. Oder Meinungen zu verwerfen. Für die Verantwortung gegenüber meiner Mitmenschen, die ich mit jedem Vorurteil trage. Und ich finde es anstrengend, sich für alles rechtfertigen zu müssen. Warum man gerade keinen Dialog führen möchte oder warum man eben nicht gerne Mutter ist. Oder Partner. Oder Arbeitnehmer. Ich scheine da zu egoistisch und zu faul, als dass ich mich dafür begeistern könnte, Entscheidungenen und Gefühle anderer zu verurteilen. Deswegen bin ich nicht besser und nicht schlechter als die anderen. Bilde ich mir zumindest ein.

In diesem Sinne.

Schön ists hinterm Mond! Hier darf jeder sein, wie er ist. Punkt.

Minensie

Weitere Artikel zum Thema Regretting Motherhood, die ich bisher gelesen habe:

SZ - Unglückliche Mütter Sie wollen ihr Leben zurück

Herz und Liebe - #Regretting Motherhood - die Sehnsucht nach der Unabhängikeit

Herzgespinst - Von der Ambivalenz des Mutterseins

AufZehenSpitzen - #Regretting Motherhood

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