2018/05/03

Mama-beruhig-dich-mal Challenge #1

Sieben Tage sind vorbei. Gleiche Bühne, immernoch fehlendes Skript. Aber. Eine Woche ohne Motzen. Hab' ich das wirklich geschafft?


Ich würde sagen: Jaein.

Ich habe, wenn ich es ganz streng nehmen, es nicht geschafft, sieben Tage komplett ohne Moserei auszukommen. Eins zwei mal war ich tatsächlich schlechtlaunig. Allerdings, und das habe ich besonders heute gemerkt, liegt das weniger an den Wuseln, als an mir selbst. Denn ich habe ganz speziell heute nahezu nichts geschafft, war mit meiner Gesamtsituation unzufrieden und wollte das nicht so recht einsehen. Deswegen war es besonders nervig, dass die Jungs genau da weitermachen, wo ich aufgehört habe. Im Chaos.

Besondere Hürden

Seit Dienstag herrscht hier Baustellenfeeling. Zwischenzeitlich war das gesamte Wohnzimmer leergeräumt und hat sich über Kinderzimmer, Flur und Schlafzimmer verteilt. Nirgends gab es einen Platz zum sitzen. Außer im Bad auf dem Klo. Dafür haben wir jetzt einen von Grund auf gereinigten Teppich, eine weiterhin halb abgebaute Wohnzimmerwand, eine zu dreiviertel fertige Eckbank und unverändert sehr viel Chaos in den restlichen Räumen. Und weil ich heute nicht einen einzigen Karton aufgeräumt habe, fand ich es wohl besonders sinnvoll den Kindern zu sagen, dass es unfassbar ist, wie chaotisch das Kinderzimmer ist. Als ob sie etwas dafür könnten, dass neben all dem normalen Kinderzimmerchaos auch noch ein paar Kartons dazu gekommen sind. Hachja. Unterm Strich habe ich mich zwar gefangen, aber dennoch. Es ist wirklich einfach, mal nicht gleich zu mosern. Warum also weiter damit machen? Von daher verlänger ich die Challenge um eine weitere Woche. Mal sehen ob und wie es klappt.

Den Kindergeburtstag des Minis haben wir jedenfalls mit bravur gemeistert. 12 Kinder, die über 3 Stunden durch den Hof gerannt sind, experimentiert und gestritten haben. Es war ein voller Erfolg. Ich werd nochmal seperat davon berichten. Der Chronologie wegen. Sechs Jahre Miniwusel! Wie toll ist das denn?!

Was mir in den letzten sieben Tagen besonders gut geholfen hat, nicht laut zu werden? Atmen. So doof es klingt. Beim Sirgenengesang atmen, nicht einsteigen. Beim Geschwisterstreit atmen, nicht einsteigen. Beim Trotz und Überhaupt - atmen.
Noch habe ich keine Zeit Situationen abzuwägen, ob es sich lohnt, einzusteigen, herauszuhören, was beim quitschen tatsächlich gesagt werden will und auch, wie ich am besten mit so einer Situation umgehen soll. Deswegen blieb mir eigentlich nur das Atmen. Um mir selbst Zeit zu verschaffen. In den kommenden sieben Tagen soll das nochmal besser funktionieren.

Keine Kompromisse

Doch nur weil ich selbst nicht mehr laut werde, heißt das noch lange nicht, dass es sich hier in friedlicher Eintracht lebt. Nahezu täglich gibt es Debatten über die Notwendigkeit des Flöte übens, den Kindergarten, der nicht umgesetzten Bastelaktion oder der verschobenen Radtour. Und selten finden wir Kompromisse. Beim Thema Kindergarten schwänzen beispielsweise gibt es keine Plattform für Diskussionen. Ich höre mir an, wie doof der Mini den Kindergarten findet. Ich gehe auf Augenhöhe und nehme es an (und ernst). Aber. Es steht nicht zur Debatte. Pflicht ist Pflicht. Und somit sind wir dann bei der Kehrseite. Denn nur weil ich nicht laut werde, heißt das noch lange nicht, dass es meine Kinder nicht werden. Sie schreien, schimpfen, toben sehr wohl sehr laut. Und ausgiebig. Wirklich. Dafür ist es ja auch meine Challenge und nicht ihre.

Jedenfalls. Es gibt noch viel zu tun. Hier im Wohnzimmer, genauso wie an der Elternfront. Gehen wir also die nächsten 7 Tage an.

Minensie

2018/04/25

Mäuschen, Mäuschen piep' einmal

Still ist es geworden. Still wird es hier auch sicherlich weiterhin bleiben. Ich muss gestehen, dass dieses echte Leben mich gerade fordert wie noch nie. Und dabei gänzlich überfordert. Nicht nur ein bisschen. So voll und ganz auf der ganzen Linie.

Ich habe das Gefühl ich schaffe es eines ums andere zu Versagen. In allen Bereichen. Vorallem auf der Mutterebene. Da spielt ganz viel verletztes Kind in mir eine Rolle. Und das es keine Heimat findet. Ja, ich kenne rein theoretisch nahezu jede Antwort. Kann die Situation analysieren, kann sie bewerten. Kann Lösungswege formulieren. Und dann stehe ich da und stolpere über eine Mücke. Mindestens so groß wie ein Elefant. Es ist zum verrückt werden. Und selbstverständlich. Je mehr ich mir einrede: Nein, so nicht, auf keinen Fall so! Um so mehr wird es so. Ich weiß das. ICH weiß DAS! Das bringt mich zum seufzen. Mindestens 50 mal am Tag. Aber was genau ist denn los?

Zum einen: Ich bin mindestens genauso kaputt wie jeder andere auch. Ich habe Päckchen - wie jeder andere auch. Mal schwere, mal leichte. Ich würde sie gerne loswerden. Aber irgendwie hat sich da ein ziemlich wirrer Knoten gebildet. Und ich krieg ihn einfach nicht auf. Mit einem Messer wäre das Problem schnell gelöst, jedoch ist die Verletzungsgefahr zu groß. Bei allen Beteiligten. Beim Päckchen, bei mir. Und da ich offen gestanden ein ziemliches Weichei bin, hab' ich Hemmungen. Und Angst vor dem Schmerz.

Zum anderen: Diese Welt dreht sich einfach. Immer weiter. Weiter und weiter. Und fragt nicht mal, ob es einem zu schnell geht. Ob man noch mit kommt. Ob man aussteigen will. Keine Chance. Und wenn man nicht zu fest an Paralleluniversen glaubt, ist ein Ausstieg aus dieser einen Welt hier wirklich nahezu ein Ding der Unmöglichkeit.

Um es mal ganz deutlich zu sagen:

Ich bin ratlos. Und rastlos. Es muss doch anders gehen, es muss doch anders möglich sein! So ein Hypersprung kann doch nun wirklich keine große Kunst sein.

Warum ich ratlos bin? Weil ich mein gesamtes Weltbild gerade neu aufstellen muss. Es wurde an den Grundfesten so derart gerüttelt, dass Einiges eingestürzt ist. Ein bisschen hab' ich mir das Bein unter einem dieser Bruchstücke geklemmt. Ich kämpfe mich da heraus, ich schaff' das auch. Aber es tut halt weh. Und dauert ein bisschen. In weniger rätselhaften Sinnbildern gesprochen:
 Man kennt eben niemanden wirklich. Und ich in diesem Fall nicht einmal mich selbst. Werte und Grundsätze, die mich mein ganzes Leben getragen haben, gelten aktuell nicht mehr. Von jetzt auf gleich! Einfach so! Fingerschnipp und neue Bühne. Ich bin damit nicht einverstanden. Wirklich. Überhaupt ganz und gar nicht. Es gibt auch keinen Notausgang. Kein kaltes Wasser, dass mich weckt. Es ist wie es ist - nur ohne Skript. Auf dieses neue Stand-Up muss ich mich noch einstellen. Bisweilen stotterte ich ein paar Sätze ins Mikro und lächle nervös aber freundlich in das schwarze Loch vor mir. Über zu grelles Licht, schlechtem Soundcheck und lächerlicher Kostümwahl will ich gar nicht erst anfangen. Einfach nicht mein Stück. Aber: Mich fragt ja keiner.


Ein Thema bei dem ich konkreter werden kann ist der Unmut, der in mir selbst schlummert. Zu viel Süßes, dass mich kurzatmig macht. Essen ist niemals ein Ersatz. Und Nervennahrung sollte man nur im übertragenen Sinne zu sich nehmen. Ich hab' das verpasst und esse und esse bei jeder kleinen Anspannung. Pfefferminzschokolade im Moment. Im übrigen echt lecker. Macht nur keine bessere Laune. Macht nur viel mehr Unmut. Weil zuviele Kalorien zu zu später Stunde für meinen viel zu überforderten Körper. Permanenter Kurzschluss an den Synapsen. Denn der Zucker reicht gerade mal bis zur Wut und dann verpufft er und ich stehe ohne Lösung da. Womit wir beim nächsten Thema wären: Wut. Ich habe eine so unsagbare Wut in mir. Ich werde bei jeder sich bietenden Gelegenheit laut, launisch oder einfach nur ätzend. Manchmal auch alles gleichzeitig. Ok. Öfter. Oder auch ganz oft. Also fast immer. Hachja. Ich kann nicht mal mehr über mich selber lachen. Dazu bin ich viel zu genervt von mir. Was mich unzufrieden macht, weil eigentlich bin ich ja doch 'ne ziemlich Nette. Eigentlich mag ich Streit auch überhaupt nicht. Und eigentlich mag ich es ganz und gar nicht, wenn es laut um mich ist. Warum also bin ich dann so laut? Ich weiß es nicht. Zu grelles Licht, kein Skript. Ihr wisst schon.

Fakt ist jedoch, dass es ein Skript braucht. Deswegen fange ich jetzt einfach mal an. Bei der (nicht sonderlich erfolgreichen) Suche nach Strategien um nicht so schnell aus der Haut zu fahren, bin ich über die The-Orange-Rhinos-Challenge (oder auch hier) gestoßen. Ich kannte sie schon, hatte sie aber gänzlich vergessen. Jetzt ist sie aber wieder ganz präsent. Und weil es sich gerade für völlig unmöglich anfühlt, möchte ich es nun damit wagen. Ich möchte nicht mehr schreien. Ich möchte nicht mehr verbal um mich schlagen. Meiner Wuselkinder zu liebe. Denn die kriegen es gerade einfach volle Breitseite ab. Die Überforderung, den Unmut und die Wut. Das ist nicht ihr Kampf, nicht ihre Bühne. Das allein ist mein Ding. Also. Wenn schon das Diäten nicht funktioniert, dann probieren wir es eben mit einer noch schwereren Aufgabe. Ich starte nicht mit 365 Tagen. Ich reduziere auf anfängertaugliche sieben Tage. Ich habe keine Ahnung wie das funktionieren soll, denn genau an alternativ-Reaktionen scheitert es gerade sehr. Aber hey. Wo wäre sonst die Herausforderung.

Sieben Tage also ohne laut zu werden. Das muss ich sacken lassen. Sieben Tage mich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, angesichts eines bevorstehenden Kindergeburtstages mit 12 Gastkindern, liest sich für mich gerade wie ein Knieschuss. Könnte ganz schön weh tun. Ich bin gespannt.

Alles in allem sei gesagt: Das Leben ist eine wundervolle Herausforderung. Ich bin dankbar. Zutiefst. Aber kann mir jetzt bitte einer mal das verdammte Skript reichen!

Danke!

Minensie

2017/11/05

Unruhige Zeiten

Dieses 2017 hat es in sich. Die Tage überschlagen sich sehr oft. Die Stimmungen leider auch. Das Vorherrschende Gefühl in diesen 11 Monaten 2017 - Frustration. Leider. Ein frustrierendes Jahr also. Obwohl es glücklicherweise kaum zwischenmenschliche Katastrophen gab. Ganz im Gegenteil. Viele Sorgen haben sich tatsächlich in Luft aufgelöst. Es gab eine wundervolle Hochzeit der Lieblingsmenschen. Es gab erholsame Tage an der Ostsee zu Viert. Es gab Konfetti und Schokolade. Sehr, sehr oft sogar. Und dennoch. Unzufriedenheit ist ein ganz widerliches Gift. Es versteckt sich, nistet sich ein und breitet sich dann ungefragt aus. Sie erwischte mich in diesem Jahr wirklich oft, wirklich eiskalt. Ich hasse es, unzufrieden zu sein. Ein Grund deswegen gleich noch ein Stück unzufriedener zu sein. Völlig bekloppt oder?

Immer wieder versuche ich mich zu reflektieren. Überlege, warum und weshalb. Grüble nach Auswegen, neuen Lösungsansetzen. Um letztlich in einer Sackgasse zu stehen. Endstation: Frustration. Hallo auch.

Die Gesamtsituation 2017 ist kurz zusammengefasst folgende:

Zu viele Wochenenden, die ich nicht zu Hause verbringe.
Zu wenig Menschen an unserem Esstisch.
Zu viel Gedöns auf zu wenig Platz.
Zu wenig Bewegung bei zuviel Schokolade.
Zu oft eine zu laute Stimme. Gegen alles und jeden (und DAS nervt tatsächlich am meisten).
Zu lethargisch, wenn das Leben lacht.
Zu wenig Konfetti. Viel zu wenig Konfetti!

Zu viel  Z w e i t a u s e n d s i e b z e h n.  Viel zu viel. Und ich habe kein Ventil. Keine Worte. Keinen Stift. Kein Papier. Da ist so viel in meinem Kopf, dass raus möchte. So viele Wünsche, die gelebt werden wollen. Doch es findet sich einfach kein Weg hinaus. Ein Tintenfleck auf Büttenpapier. Mehr tropft einfach nicht aus dieser Feder. Nur leere Worte. Hohle Phrasen. Bedeutungslos. 

Eine Lösung habe ich nicht. Vielleicht helfen ein paar Schreibübungen.

Huhuhuhu hahahahaha lulululu lalalalala omidolonimi. Laleiluuulalileiiiila. Dolomilulademidanom.

Ich wäre dann jetzt bereit für eine Pause.

Minensie

2017/09/01

Neulich auf dem Weg zum Schwimmbad...

Vor ein paar Tagen habe ich etwas wirklich abgefahrenes getan. Etwas, dass ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr getan habe. Etwas, dass mich normalerweise unruhig und nervös macht. Etwas, dass mittlerweile echten Seltenheitswert hat.Wuhuu!

Ich packte also eine große Tasche, zwei völlig überdrehte Wusel und fuhr ins Schwimmbad. Aber nicht einfach nur ins Schwimmbad. Nein.
In ein mir völlig  u n b e k a n n t e s  Schwimmbad. OHNE NAVIGATION!

[Hier wäre Platz für ein absolut ernsthaftes WOW! mit Atemstillstand für drei Millisekunden oder sowas. Oder für einen Pinguin. Gerne auch applaudierend]

Ich wusste in welchem Ort das Schwimmbad der Träume sein sollte und ich wusste wie es hieß. Die Zielstadt war überschaubar klein, keine Straßenbahn und keine 3 Spuren pro Fahrseite. Machbar. Definitiv. Und diesmal mit an Board: Stille!
Keine nervtötende Lady, die mir an der grünen Ampel sagte: "In 100 Metern rechts halten!" Keine visuelle Ablenkung von Straßenkarten. Sondern der absolut echte Verkehr. Vor mir. Hinter mir. Und ich mitten drin.

Beim Anschnallen (neues Feature - alle im Haushalt lebenden Wuselheimer können sich jetzt tatsächlich komplett selbstständig anschnallen. Davor siegte oftmals die Faulheit) bemerkte noch keiner auf der Rückbank, dass da eine Lady fehlte, die sonst für Unruhe im Auto sorgt. Wenn Frau Navi nämlich an ist, gibt es binnen kurzer Zeit Streit. Zu laut, zu leise, man kann sich ja gar nicht konzentrieren bei dem Lärm. Man versteht ja gar nicht wohin man fahren soll etc. pp.

Diesmal: Nichts. Lustiges Wuselgeplapper auf der Rückbank, fließender Verkehr vor mir. Alles paletti.

Als wir die Autobahn verließen, fiel es den Wuseln auf. Keine Lady, die das angekündigt hatte.


"Mama? Weißt du wohin wir fahren müssen?" kam es zaghaft von hinten. 
"So ungefähr." antwortete ich wahrheitsgemäß. 
"Ok." Schweigen.

Nach der zweiten Ampel dann wieder: "Mama? Haben wir uns verfahren?"
"Nein, wir sind richtig." lautete die Antwort meinerseits.
"Ok..." Wieder schweigen.

Nach der vierten Kreuzung kam es etwas ungehalten von der Rückbank: "Mama! Woher weißt du wo wir hinfahren müssen? Die Frau sagt ja gar nichts!" 

"Auf den Straßenschildern steht alles. Ich folge den Schildern." antwortete ich. Mit breitestem Grinsen überhaupt im Gesicht. Ich weiß das, ich habe das im Rückspiegel gesehen. Also mich.

Und siehe da. Wir parkten quasi direkt vor dem Eingang, ohne Wendemanöver und ohne schlechte Laune. Nach dem ich mir nun in den vergangenen Wochen den Titel "Queen of the Zwei-Mann-Wurf-Zelt" verdient hatte*, gesellte sich nun die Trophäe des "Ziel erreicht" ein. Ohne Navi. Ich kann es bis heute kaum glauben. Ich weiß gar nicht genau, warum ich das nicht schon zuvor gemacht habe. Denn obwohl mich die Lady wirklich, wirklich, wirklich nervt, wenn sie mir Empfehlungen für den richtigen Weg mitgibt, habe ich es in den vergangenen 3 Jahren völlig automatisch so gehandhabt, mein Glück vom Navi-Ziel abhängig zu machen. Dabei gibt es wirklich großartiges neben dem Navi zu entdecken!

Was ich aber eigentlich damit sagen will: Das Leben und die Straße ist zu kurz für Navis! Einfach mal machen. Es kommt schon was bei rum. Schwimmspaß zum Beispiel!




Minensie
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*zu diesem Schwenk aus meinem Handgelenk komme ich eventuell an andere Stelle noch einmal. Fakt ist. Es ist meine neue Superkraft. Wurfzeltzusammenbauerin. Klingt genauso bescheuert wie die Tatsache, sich darüber zu freuen. Aber ich tu's trotzdem. Ich bin ja nicht so.

2017/07/04

Platzgejammer

Es gibt ja so Tage. Ich fange nun zum vierten Mal mit diesem Text an. Zu Beginn wollte ich eine Jammer-Parole loslassen. Auf diese Wohnung, auf diese Enge, auf dieses Nicht-Genug-Haben.  Ja doch. Ich hatte wirklich Lust mir allen vermeintlichen Frust von der Seele zu schreiben.

Habe ich auch, zumindest angefangen. Um dann festzustellen - herrje, Mine! Was stellst du dich wieder an. Denk doch mal an deine Ukrainer. An das kleine Zimmer, dass sie zu Viert bezogen hatten. Oder an deine Familie in Kuba. Für uns rutschen sie zu Viert auf 90 cm Matratzenbreite zusammen. Wenn wir nicht da sind, verteilen sie sich auf 3 Betten in 2 Zimmern. Ohne Türen. Was willst du eigentlich? Oder denk doch mal an deine Arbeit. Ein ganzes Leben Erinnerungen geschaffen und dann bleibt nur ein kleines Zimmer, mit einem Schrank, im Doppelzimmer sogar nur eine Schrankhälfte, einem Bett mit Nachttisch, einem Tisch und einem Sideboard. Wenn man Glück hat darf der eigene Sessel noch mit aber dann wird es wirklich schon eng.
Also, jetzt reiß dich mal zusammen und hör auf über 78 qm zu jammern, die dir nicht aussreichen. Echt mal. Pure Luxusprobleme.

Aber leider sind diese Luxusprobleme Grundlage für gute und für schlechte Laune. Ein dunkles Kinderzimmer, ohne richtiges Tageslicht, zu klein um große Legobauten aufgebaut zu lassen. Ein Wohnzimmer, dass aus allen Nähten platzt weil es einfach das Zimmer für alles ist. Für jeden Papierkram, für jedes Bastelutensil, für Wäsche, für Bücher, für Leben.
Dann die Küche, die so stiefmütterlich von mir behandelt wird. Weil sie die Schwelle zum Schlafzimmer bedeutet. In dem der Herr von und zu tagsüber schläft, damit er dem Nachtschichtwahnsinn mit halbwegs wachem Geist entgegen kommen kann. Kein Topf geklapper. Kein Mixer. Kein Herdgepiepse. All' das versuche ich tatsächlich am Tag bestmöglich zu vermeiden. Inklusive Kindergetobe. Weder im Hof noch in der Wohnung ist das unter Tags nicht ohne weiteres möglich. Nervig aber eben nicht änderbar.

Ich finde es wirklich überheblich, auf so hohem Niveau zu jammern. Ehrlich. Allerdings macht es mich nicht zufriedner, wenn ich mir einrede, wie überheblich dieses Luxusgejammer ist. Ich mag den Fußboden der Wohnung nicht, ich mag die Raumaufteilung nur bedingt. Ich mag die Raumnutzung des Wohnzimmers nicht sonderlich und ich mag das Chaos nicht, dass hier sehr schnell die Oberhand bekommt. Ich fühle mich so oft wie im Hamsterrad. Kein Vorrankommen. Kein klares Ziel vor Augen. Ganz viele Vielleichts und Wenns und noch mehr Abers. Das ist so anstrengend. Zu wissen, man könnte es auch anders haben, es aber einfach nicht anders hinkriegt. Weil man es nicht besser kann, oder nicht besser strukturieren kann. Weil das Leben dazwischen kommt.

Dabei ist es nicht so, dass ich diese Wohnung hier von grundauf nicht mag. Nein. So ist es ganz und gar nicht. Eigentlich mag ich sie sogar sehr gern. Zentrumsnah, mit viel Grün drum herum. Kindergarten und Schule in unmittelbarer Nähe, ein Haus mit Geschichte. Aber eben überdeckt mit ganz viel Unschönem. Ausgerichtet auf eine Übergangslösung. Ja genau. Das ist es. Alles hier dient dem Übergang. So viel Herzblut wie wir in die Renovierung hineingesteckt haben, so wenig Seele von uns ist hier drin. Weil wir von Anfang an sagten, wir bleiben hier nicht für immer. Da richtet man sich nicht entgültig ein. Für den Übergang. Ich möchte endlich ankommen. Und zwar so richtig. Mit Garten und Liegestuhl. Gerne auch mit Hühnern und Hausschwein. Und Katze/n. Mindestens. Ich weiß genau, was ich gerne hätte.
Das wären zum einen ein Klavier. Zum anderen Platz für die Wäsche. Und dem ganzen anderen Krimskrams, der zum Leben gehört, aber nicht in den Wandschrank passt. Ich wünsche mir Platz im Kopf, nicht immer aufpassen zu müssen, dass man zu laut ist. Oder beim Fußballspielen die Blumen nicht abzuschießen. Ich wünsche mir mehr Lebensqualität.

Und letztlich weiß ich, dass die ganz allein an mir liegt. Meines Glückes Schmied und so ein Gedöns. Allerdings könnte ich ein bisschen Hilfe gebrauchen.

Deswegen: Liebes Universum, komm doch mal rum auf 'nen Kaffee und Kuchen. Wir müssen da echt mal reden. Das geht so nicht. Ich wäre jetzt wirklich bereit für's Traumhaus in Traumlage mit Traumaufteilung. Ehrlich. Da brauchst du gar nicht länger warten. Das Teewasser wird sonst noch kalt. Das wollen wir doch nicht.

Hach. Doch ein Jammerbeitrag geworden. Aber der musste wohl sein. Also raus damit!

Minensie